Neuer GWW-Geschäftsführer Christian Zeigermann im Interview

In 100 Tagen Weichen für die Zukunft gestellt

Herr Zeigermann, als Geschäftsführer der GWW sind Sie jetzt 100 Tage im Amt. Wie fällt die erste Bilanz aus?

Ich denke, dass ich nach den ersten 100 Tagen auch mit etwas Stolz sagen kann, dass wir in dieser Zeit bereits die Weichen für die Zukunft gestellt haben. Und unter Zukunft verstehe ich, dass sich die GWW zu einem aktiven, kundenfreundlichen Dienstleistungsunternehmen für die Stadt und unsere Mieterinnen und Mieter entwickelt. Alles begann gleich im Januar mit einer Analyse. Täglich bin ich mit Mitgliedern meines Teams in unsere Objekte gefahren und habe mir den Bestand angeschaut. Daraus haben wir gemeinsam Schwerpunkte der zukünftigen Arbeit entwickelt.

Sie waren kaum im Amt, da hat Corona unser Leben lahmgelegt.

Ja, aber zum Glück waren wir da schon in der Etablierungs- phase. Wir hatten bereits unseren Organisations- und Team- bildungs-Workshop hinter uns. Das war wichtig. Denn da- nach hatten wir mehr Klarheit, wie wir unsere Organisation aufstellen. Man kann sagen, während alle wegen Corona alles runtergefahren haben, haben wir alles hochgefahren. Natürlich unter Einhaltung alle Quarantäne-Regeln. So wurde plötzlich die Videokonferenz zum täglichen Werkzeug unserer Arbeit. Für die Kunden waren wir fortan digital erreichbar. Und auch Bewerbungsgespräche haben wir erfolgreich geführt, wie man nun an unseren neuen Hausmeistern und unserer Empfangs- mitarbeiterin sehen kann.

Inzwischen gehen wir wieder von digital auf real. Aber vieles Digitale wird bleiben, weil es sich als praktisch erwies.

Für die Neuausrichtung der GWW fielen auch personelle Entscheidungen.

Ja, besonders im Ergebnis unseres Organisations- und Teambildungs-Workshops. Ich glaube, dass wir auf dem Weg zum besten Team sind. Und bei einem Wohnungsunternehmen ist die Vermietung natürlich die zentralste Stelle. Hier haben wir gesucht und mit Kristin Grunewald nach einer internen Ausschreibung eine Teamleiterin gefunden. Getreu dem neuen Unternehmensmotto: Verantwortung übertragen und Vertrauen schaffen.

Aber wir wollen nicht nur besten Service im Kundenzentrum, sondern auch besten Service vor Ort. Deshalb haben wir entsprechend unserer ca. 3.000 Wohnungen und zweier Vermietungsteams aus über 50 Bewerbungen zum 1. Juni zwei Hausmeister eingestellt. Zwei erfahrene Handwerker, von Hause aus Tischler und Maler und Allrounder.

All das wird die Mieterzufriedenheit erhöhen helfen. Es spart uns Zeit und eine Menge Geld und macht die Teams hand- lungsfähiger bei Mieteranliegen. Und mit der ehemaligen Reisekauffrau Denise Fricke haben wir am Empfang nun die freundlichste und kundenaffinste Präsentatorin für die neue GWW gefunden. Insgesamt sind wir jetzt das jüngste und frischeste Team, das die GWW je hatte.

Welche Projekte stehen denn 2020 an?

Schon vor Corona war für mich klar, 2020 wird das Jahr der Planung für uns. Das Jahr 2021 – das Jahr der Ausführung. Das bestätigt sich jetzt umso mehr.

Eine der größten Herausforderungen für 2020 haben wir aber mit Bravour bewältigt. Ich war kaum sechs Wochen im Amt, da stand die Entscheidung des Stadtrates über die Fran- cke-Grundschule an. Ich freue mich, dass wir die Stadträte nun mit einem neuen Konzept und Finanzplan davon überzeugen konnten, einem Neubau der Schule auf dem Sportplatz zu- zustimmen und wir damit in dieser Sache Planungssicherheit geschaffen haben. Gerade wird die Frage geklärt, ob ein B-Plan notwendig sei. Wenn ja, verzögert das unseren Bau um ein Jahr. Die Grundschule kann also entweder im August 2022 oder im August 2023 fertig werden. Ich glaube, nicht nur wir freuen uns auf die Realisierung.

Auch für Weiteres haben wir 2020 die Weichen gestellt. Das betrifft zum Beispiel die Sanierung des Leerstands. Ein Großteil davon ist baulich bedingt. Bäder aus den 1970er-Jahren, alte Fußböden und alte Heizungssysteme eine Grundsanierung ist überfällig. Wir arbeiten dazu mit einem Generalunternehmer, der 65 Wohnungen auf einen Schlag sanieren kann. Bau-Profi-Trupps aus Sachsen-Anhalt, die auf Sanierung spezialisiert sind, treten dafür an – fachlich kompetent und preislich optimiert. Das ist die Zukunft der GWW-Sanierung. 30 Wohnungen stehen auf dem Plan für 2020.

Zudem haben wir grundsätzliche Überlegungen angestellt zu Wohnungen mit Sozialmieten. Und sind zu dem Entschluss gekommen, dass auch deren Mieter zukünftig von Energieein- sparungen durch energetische Sanierung und städtebaulichen Verschönerungen im Quartier profitieren sollen. So haben wir ein Gesamtprogramm für energetische Sanierung vorbereitet. Es ist Bestandteil unserer geplanten Mittelfriststrategie (für fünf Jahre) im Investitionsbereich.

Jedes Jahr wollen wir ein bis zwei Blöcke à 50 Wohnungen sanieren.

Eine Vollsanierung steht im Walther-Grosse-Ring 20-26 an. Eigentlich für den Abriss bestimmt, hat der Aufsichtsrat unserer Haltung zugestimmt, den Block 2021 vollständig zu sanieren und mit Aufzügen altersgerecht auszustatten.

Einen Abriss planen wir im Veckenstädter Weg – ein Siedlungs- block aus den 1940er-Jahren. Die letzten zwei Mieter werden ausziehen, und ab Januar 2021 wird der Rückbau vollzogen. Die entstehende Freifläche sehen wir als Vorratsfläche für einen Neubau vor. In eine Effizienzprüfung haben wir das geplante Null-Energie-Haus geschickt. Es soll im Pappelweg mit 15 Wohn- einheiten entstehen. Wenn positiv beschieden, geht es 2022 in die Umsetzung.

Wie würden Sie das neue Profil der GWW beschreiben? Was soll die GWW aus Ihrer Sicht für die Stadt, die Mieterin- nen und Mieter und Kunden sein und werden?

Als kommunale Tochter sind wir für Bau, Unterhaltung und Vermietung von Wohnungen für die breite Bevölkerung Wernigerodes zuständig. Die reicht vom ALG II-Empfänger bis zum Professor. Im Moment ist unser Portfolio noch etwas einseitig. In Zukunft wird es darum gehen, durch Neubau und Sanierung hochwertigeren Wohnraum zu schaffen. Ziel bleibt aber immer, einen sogenannten „bunten Strauß“ an Wohnungen anzubieten für Menschen jeden Einkommens. Das ist unsere Aufgabe als Tochter der Stadt. Wir möchten sie mit hoher Servicequalität für unsere Mieterinnen und Mieter verbinden.

Um unseren neuen Ansatz an die Zielgruppen zu bringen, wollen wir in Zukunft mehr und stärker kommunizieren und uns als starke Marke der Stadt für Wohnungen etablieren. Auf Basis von Fünf-Jahres-Plänen wollen wir unseren Wohnungsbestand attraktiver machen und mit Neubau Interesse für neue GWW-Wohnungen schaffen. Zudem verstehen wir uns als Dienstleister für unsere Mieterinnen und Mieter – von jun- gen Familien bis Senioren. Deshalb wollen wir in diesem Jahr auch eine Mieterbefragung starten, um zu sehen, wie zufrieden die GWW-Mieter mit uns sind. Zu fragen, was sich verändern muss und welchen Service sie von uns erwarten. Die Mieterbefragung ist auch Basis dafür, dass wir später vergleichen können: Wie gut oder schlecht kommen unsere neuen Angebote an? Wir wollen uns an dem Besten ausrichten.

Auch als Sponsor möchten wir in Wernigerode neue Akzente setzen. Planung soll auch unser zukünftiges Sponsoring beherrschen. Im Mittelpunkt sollen dabei Win-Win-Situationen stehen. So wie unser Sponsoring-Partner, das Philharmonische Kammerorchester, in der Coronakrise zu einem kostenlosen Konzert für die Senioren bereit war, so sind wir weiter bereit, unseren Teil zur Erhaltung der Institution beizutragen. Das

„Geben und Nehmen“ zum Vorteil unserer Mieter sehe ich auch als Ansatz für alle anderen GWW-Sponsorings in der Zukunft.

100 Tage im Amt als GWW-Geschäftsführer. Wie sind Sie denn persönlich in der Stadt angekommen?

Vom Fachwerkhaus bis zur Platte – ich denke, ich habe alles in Wernigerode gesehen und viele Partner der GWW getroffen, als auch Partner der Stadt, von Stadtwerken und ortsansässiger Bauindustrie bis hin zu Dienstleistern. Ich muss sagen, ich bin begeistert von Wernigerode. Als Stadt am Fuße des Harzes – so modern und faszinierend. 32.000 Einwohner und 1,4 Millionen Touristen – welche Stadt dieses Ausmaßes ist so lokal und zugleich so international? Das gefällt mir. Auch die vielen kleinen Läden und die Gastronomie. Im Berufsleben bin ich hier voll angekommen. Hochwertigkeit, Kleinteiligkeit und Internationalität schätze ich aber auch privat hier. Wernigerode hat mich klar in seinem Bann.