„Der Krise mit innovativen Projekten begegnen“

Jahresvorschau 2023 der Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft Wernigerode mbH

Im Interview: Christian Zeigermann, Geschäftsführer der Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft Wernigerode mbH

 

Zum Jahresstart setzt die GWW mit dem ersten Spatenstich für das sogenannte Sonnenhaus in Wernigerode kräftige Signale in Richtung Energiewende. Es ist zudem der erste Wohnungsneubau der GWW seit 18 Jahren. Geht es so mutig und kraftvoll weiter in diesem Jahr?

Ich denke, wir alle müssen trotz Krise und schwieriger Weltlage positiv denken – da wo wir leben und arbeiten. Das heißt für uns, aktiv an Projekten zu arbeiten, um vorwärts zu kommen und all die Herausforderungen dabei zu meistern. Die Hände in den Schoß legen, gilt nicht. Deshalb arbeiten wir dieses Jahr auch weiter daran, unser Ziel von 70 Prozent CO2-Einsparung bis zum Jahr 2030 erreichen zu können. Auch dieser Beitrag kann die Welt um uns herum ein Stück besser und heiler machen. Wir wollen unsere Plattenbauten alle energetisch sanieren. Etwa 60 Prozent unserer 52 Wohnblöcke sind bereits energetisch saniert. In 2023 sind weitere drei Blöcke dran. Bis 2022 waren wir im Stadtfeld tätig und jetzt mit voller Energie in der Burgbreite im Kastanienwäldchen. Dort können sich bald nahezu 250 Mieter in 120 Wohnungen auf ein schickes Zuhause freuen. Danach die Bert-Heller-Straße, unser letzter Riegel mit drei Blöcken. Ab dann widmen wir uns unseren anderen kleinteiligeren Bauten. Die energetische Sanierung der Plattenbauten verbinden wir auch mit einer gewissen ästhetischen Heilung. Wir wollen die Bauten äußerlich aufwerten und harmonischer erscheinen lassen. Das wird viele unserer Mieterinnen und Mieter auch freuen. Wir sehen uns da auch einig mit unserem Oberbürgermeister Tobias Kascha, dem die weitere moderne Stadtbildgestaltung der bunten Stadt am Harz sehr am Herzen liegt.

 

Sie sprechen schon länger von dem Wunsch, die Sanierungen auch mit einem Aufzuganbau zu verbinden. Gelingt das in 2023?

Ich bin ein Verfechter dieser Idee. Bis 2019 gab es ein Aufzug-Förderprogramm vom Land. Das sollte erneut aufgelegt werden. Für mich ist das auch eine sozialpolitische Notwendigkeit. Unsere Gesellschaft wird immer älter. Doch wenn ich als alter Mensch meine Wohnung nicht mehr erreichen kann, dann bleibt nur irgendwann das Heim als Alternative. Eine teure Alternative für uns als Gesellschaft und  oft von den Betroffenen wenig gewollt. Also müssen wir unsere Wohnungen so ausstatten, dass die Älteren so lange wie möglich darin gut leben können. Wir bemühen uns schon jetzt, Älteren nach Möglichkeit eine Tauschwohnung im Erdgeschoss anzubieten. Ein Aufzuganbau würde es ihnen aber ermöglichen, in ihrem angestammten Zuhause zu bleiben. Und Wohnungen in der 5. oder 6. Etage wären dann generell wieder leichter zu vermieten. Ich hoffe auf ein neues Förderprogramm. Das wäre nützlich und wichtig.

Sie haben in 2022 auch angekündigt, alle GWW-Plattenbaudächer mit Photovoltaikanlagen auszustatten und damit günstigeren Mieterstrom zu erzeugen. Wie steht es damit?

Ja, günstigere Energiekosten sind im Sinne aller Mieter*innen. Deshalb geht es auch hier, zusammen mit unserem Projekt-Partner, den Stadtwerken, weiter. Für uns gehört zu einer energetischen Sanierung auch eine Photovoltaikanlage, die Nebenkosten sparen hilft. Aber wir interessieren uns auch für weitere neue Möglichkeiten, Gas und Nebenkosten zu sparen. Zum Beispiel mit Infrarot-Heizungen, die die Wohnungen von der Decke aus wärmen und über Strom betrieben werden, der möglicherweise dann vom Dach aus den Photovoltaikanlagen kommt. Es ist noch nichts spruchreif, aber wir sehen es gerade heute als unsere soziale Aufgabe , unsere Mieterinnen und Mieter beim Thema Nebenkostensenkung zu unterstützen.

 

Neben dem Sonnenhaus sind aber noch weitere Neubauten in 2023 geplant, wo die GWW der Bauherr ist?

Ja, für das Sonnenhaus planen wir, im Herbst Richtfest zu feiern und am 6. Dezember die Musterwohnung eröffnen zu können. Davor starten wir im Sommer in der Lutherstraße in Nähe unserer neu gebauten Francke-Grundschule ein dreizügiges Wohnbauprojekt, das das Quartier vervollständigen und aufwerten wird.

Geplant sind in der Lutherstraße drei dreigeschossige Wohnhäuser mit 35 Wohneinheiten und großzügigen 2-5-Raumwohnungen für Familien. Familienwohnungen sind knapp und gefragt in Wernigerode. Auch die aktuelle Situation mit höheren Zinsen und Nebenkosten als auch der Mobilitätsgedanke sowie jobflexibler sein zu wollen, lassen viele Häuslebauer umdenken und das Interesse von einer eigenen Immobilie auf eine schöne größere Mietwohnung lenken. Auch möchte man für das Homeoffice jetzt oft ein zusätzliches Zimmer haben. Dort setzen wir mit unseren Neubauprojekten an. Die Nachfrage ist längst da.

In der Lutherstraße sollen die ersten beiden Häuser im Sommer 2024 schon zum Einzug bereitstehen. Das dritte im Sommer 2025. Den im Frühjahr beginnenden Abriss der alten Francke-Schule verbinden wir dann gleich im Tiefbau mit unserem Neubauprojekt Lutherstraße. Das spart Zeit und Geld.

Was die Francke-Grundschule betrifft, werden wir bis August den neuen Sportplatz und die Außenanlagen fertigstellen. Dann ist dort alles komplett und modern.

Am Ziegenberg wollen wir in den nächsten fünf Jahren bis zu 70 Mehrgenerationenwohnungen in Holzhybridbauweise schaffen. Das bereiten wir ab 2023 vor.

 

Auch die Neubauplanungen im Veckenstedter Weg 76-80 und Veckenstedter Weg 14 a/Gießerweg 9 im Ergebnis des Europäischen Architekturwettbewerbs Europan gehen 2023 voran, so hört man.

Ja, unser Ziel ist, Ende 2023 den Bauantrag einreichen zu können. Nach der Konkretisierung der Wettbewerbsideen in verschiedenen Werkstatttreffen mit den beiden italienischen Gewinnerteams haben sich die Nachwuchsarchitekten in Deutschland nun Partnerbüros gesucht, mit denen die Arbeit gemeinsam fortgesetzt wird. Gerade wird u. a. am energetischen Konzept für die Neubauten gearbeitet, in denen festgelegt wird, welche ökologischen Baustoffe eingesetzt werden und welche Grundrisslösungen für das von uns gewollte Mehrgenerationenwohnen angeboten werden können. Im März werden wir damit in den Aufsichtsrat zur Verabschiedung gehen und dann geht die Vorbereitung des Bauantrags los, um dort letztlich 60 neue hochmoderne Wohnungen errichten zu können.

Schön ist, dass wir als GWW mit den zwei neuen Aufsichtsräten, dem Vorsitzenden Immo Kramer, zugleich Dezernent für Stadtentwicklung Wernigerodes, und Michael Zagrodnik, Amtsleiter für Stadt- und Verkehrsplanung, so viel Fachkunde zum Bauen mit im Gremium haben. Ihre Kompetenz hilft uns sehr bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben.

 

Die GWW hat versprochen, jedes Jahr einen weiteren Spielplatz in Wernigerode zu sanieren oder neu anzulegen. 100.000 Euro stellen Sie dafür jeweils zur Verfügung. Der neue Spielplatz in der Elise-Crola-Straße wurde im Winter, als erster dieser Reihe, eröffnet. Wie geht es weiter?

Dieses Jahr ist ein neuer Spielplatz im Umfeld unserer komplett sanierten Bauten Walther-Grosse-Ring 22-25 geplant. Dort gestalten wir mit und für die Mieterinnen und Mieter einen Modell-Innenhof. Es soll ein klimagerechter Garten auf 5.000 qm entstehen. Zusammen mit dem Quartiersmanager, Uwe-Friedrich Albrecht, wollen wir dazu auch einen Mieter-Beteiligungsprozess starten, damit der Innenhof so wird, wie ihn sich die Anwohner*innen wünschen. Ein Spielplatz mit dem neuen GWW-typischen „Ringespiel“, Rutsche, Sandkasten, Aufstiegen und einer Tischtennisplatte wird ein Teil davon sein. Daneben schwebt uns ein Paradies mit sanften Hügeln, 30 neuen Bäumen, Hochbeeten, „Bee“-Streifen und einem Gemeinschaftsgarten mit Gerätehaus und vielen kuscheligen Sitzplätzen und Aktionsmöglichkeiten vor. Eine Versickerungsmulde, die das Regenwasser der Dachflächen aufnimmt, soll den Garten speisen. Im 2. Quartal beginnen wir mit den Arbeiten.

 

Ein anderes gestartetes GWW-Programm betraf die Leerwohnungssanierung. Im vergangenen Jahr wurde es mit 1,5 Millionen Euro ausgestattet. Wie sieht es für 2023 aus?

Wir erhöhen unsere Sanierungsaufwendungen für Leerwohnungen in 2023 noch weiter und stellen dafür 2 Millionen Euro zur Verfügung. Die Praxis gibt uns dabei recht. Die Nachfrage nach modernen Wohnungen hat zugenommen. Dafür bezahlt man auch gern ein paar Euro mehr. So unsere Erfahrung. Unsere Plattenbauten liegen sehr zentral mit optimalen Grundrissen. Modernisiert können sie gut auf dem Markt mithalten. Der Bedarf ist da, und wir reagieren darauf. In unserem Haushalt haben wir die Gelder eingestellt, um jedes Jahr 40 Wohnungen komplett sanieren zu können. Das heißt für die Wohnungen neue Elektrik, neues Bad, neue Fußböden, Türen und weiteres einzubringen. Nach der Sanierung warten schicke funktionale Wohnungen auf unsere neuen Mieterinnen und Mieter. Und sie warten meist nicht lange.

 

Auf dem GWW-Masterplan steht auch die ständige Verbesserung des Mieterservices. Letztes Jahr brachte die GWW mit der „GWW-Welt“ eine eigene Mieter-App heraus. Wie wird sie angenommen?

Gut. Sie wurde eigenständig von unserem Bereich IT entwickelt und ist seit 1. Juni 2022 in App-Stores unter „GWW-Welt“ herunterladbar. Wir sind damit Vorreiter im Harz und in Sachsen-Anhalt. Die App steht für das moderne Denken in unserem Haus.

24 Stunden, 7 Tage die Woche, unabhängig von unseren Öffnungszeiten, Feiertagen oder wo man sich gerade befindet, Zugriff auf Mietverträge, Betriebskostenabrechnungen und alle anderen Dokumente zu haben, die im Mietverhältnis wichtig sind – praktischer geht es nicht. Ist mal irgendwo eine Glühbirne kaputt, reicht eine kurze Info. Sie landet direkt bei den zuständigen Mitarbeiter*innen und wird bearbeitet. Auch für andere Anliegen reichen vier Klicks und sie erreichen direkt den zuständigen Mitarbeiter. All das ist mit der GWW-App jederzeit möglich. Zudem bietet die App stets eine Menge aktueller Informationen auf einen Klick. Ich denke, ein tolles Angebot, das vielen Mieterinnen und Mietern Geld und Laufzeit spart. Gerade von Jüngeren wird es gut angenommen. Nun geht es darum, auch die Älteren von der Nützlichkeit zu überzeugen oder ihnen bei der Anwendung zu helfen. Dazu planen wir in diesem Jahr einige Maßnahmen.

In unser Mieterbefragung 2022 wurde unsere Einstellung von Hausmeistern, die schnell vor Ort sein können und schnell reagieren, wenn Not am Mann ist, gelobt. Viele wünschten sich darüber hinaus, dass die Treppenhäuser öfter mal renoviert werden, denn sie sind die Visitenkarte eines Hauses, wenn man es betritt. So entschieden wir uns auf Initiative unserer Teamleiterin Wohnungswirtschaft, Kristin Grunewald, für die Einstellung von zwei Malern. Sie wurden nun bereits in 24 Treppenhäusern tätig. Unsere Hausmeister haben im Jahr 2022 neben den täglich anfallenden Arbeiten wie z. B. Verkehrssicherung und Müllkontrolle, 816 Aufträge für unsere Mieterinnen und Mieter erledigen können.

Neu ist in 2023, dass wir die Hausmeister und Maler zusammen in unser Team Wohnungswirtschaft integrierten, sodass die Informations- und Abstimmungswege noch kürzer werden. Und unser Mieterservice damit noch besser.

2023 werden die GWW-Zentrale am Platz des Friedens und die Räume Ihres Hauptmieters Sparkasse umgebaut. Was können die Mieterinnen und Mieter nach dem Umbau erwarten?

Das, was uns freut, ist, dass wir die Sparkasse als Finanzdienstleister an diesem Ort für die nächsten 10 Jahre halten und damit kurze Wege für unsere Mieterinnen und Mieter anbieten können. Das ist sicher auch ein Stück willkommener Mieterservice.
Bei dem Umbau geht es um eine Erweiterung der Sparkassenräume durch einen Anbau. Man möchte dort die Beratungsqualität weiter erhöhen und braucht dafür mehr Platz. Wir nutzen diese Maßnahmen gleichzeitig, um die Eingangssituation für unsere Mieterinnen und Mieter zu verbessern. Es wird fortan getrennte Eingänge zu Sparkasse und GWW geben. Wir werden zudem unseren Warte- und Beratungsbereich im Entree erweitern und u. a. im Untergeschoss Aufenthalts- und Lagerräume für unsere Hausmeister und Maler schaffen. Der Umbau soll im Spätsommer starten.

 

Seit einem Jahr steht Profi-Bundesliga-Kicker Nils Petersen mit seinem Gesicht und Auftreten für die GWW und ihre Zukunft. Hat er seinen Vertrag für 2023 verlängert?

Ja, wir freuen uns außerordentlich, Nils Petersen weiter an Bord zu haben. Dass er zum Botschafter der GWW wurde, hat mit seiner Verbundenheit zu Wernigerode und den Menschen hier zu tun, aber auch mit seinem Interesse an der weiteren Stadtentwicklung. Allein schon den Neubau der Francke-Schule hat er im vergangenen Jahr sehr aktiv begleitet. Er ließ sich überall, wo er war, Fotos vom Stand der Bauarbeiten zuschicken und war fasziniert von der innovativen Architektur und der Modernität im Innenleben der Schule. Es ist sein Wunsch, auch in diesem Jahr innovative GWW-Bauprojekte weiter mit zu betreuen. Und was passt besser zu einem europäischen Fußball-Matador als ein europäisches Architekturprojekt, das wir am Veckenstedter Weg in diesem Jahr voranbringen? Sein Gesicht steht auch als positive Botschaft auf unserem Baubanner zum gestarteten einzigartigen Sonnenhaus, das ebenfalls für die Zukunft des Bauens steht. Wo Nils Petersen drauf steht, ist GWW-Innovation drin. Das verbindet uns als Wohnungsgesellschaft mit dem engagierten Profifußballer.

 

Wo sehen Sie neben den Neubauprojekten noch Innovationen, die das GWW-Jahr 2023 bestimmen werden?

Da würde ich zuerst unsere Projekte zu Kunst am Bau nennen, denn Künstler bringen immer innovative Gedanken direkt oder über ihre Werke ein. Das wollen wir 2023 weiter nutzen. Wir unterstützen zum Beispiel ein Künstlerprojekt mit Kindern, das später den öffentlichen Raum im Stadtfeld befruchten wird und freuen uns auf eine künstlerische Wandgestaltung an unserem Wellenhaus, die sicher für viel Interesse sorgen wird. Mehr will ich noch nicht verraten.

Wir stehen aber auch zur Verfügung für neue innovative Bauprojekte, wie es für uns die Errichtung der Francke-Grundschule war. Oder für neue Ideen und Projekte, um auf die wachsende Bevölkerung zu reagieren und den Wohnungsmarkt zu entlasten.

Wir denken angesichts der Klimaerwärmung über das Entstehen von „kühlen Höfen“ nach oder über Alternativen, um die Nebenkosten dauerhaft zu senken. Oder auch über noch mehr Zusammenarbeit der Tochterunternehmen der Stadt, um durch Synergien Neues entstehen zu lassen, was der Einzelne allein nicht schultern kann.
Ich denke, das Jahr 2023 wird in dieser Hinsicht ein sehr produktives GWW-Jahr. Mehr Innovation war selten, würde ich sagen. Und alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Teams freuen sich darauf und ziehen mit.

Uns hilft bei Investitionen enorm, dass wir als GWW im Ranking wieder als hoch notenbankfähig eingestuft wurden. Das erleichtert das Kreditgeschäft. Und unserer Leiterin Finanzen & Controlling, Evelyn Krebs, gelingt es immer wieder gut, komplexe, wirtschaftliche und nachhaltige Finanzierungsmodelle für unsere Investitionen auszuhandeln. Große Wertschätzung erfahren wir dabei auch immer von unserem Aufsichtsrat, der unsere Planungen oft einmütig unterstützt und damit den Weg für die Umsetzung ebnet.
Das gilt auch für die Auswahl von Projekten, die wir 2023 als Sponsor unterstützen. Sie reichen von Sport über Kultur bis hin zu sozialen Initiativen.