Die letzten Mieter sind ausgezogen. Die Tage des alten Wohnhauses am Zaunwiese-Kreisel sind gezählt. Im Januar soll der Block im Veckenstedter Weg 76 bis 80 dem Erdboden gleich gemacht werden. 100 000 Euro koste der Abriss, informiert Christian Zeigermann, Chef der Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft (GWW). Die Wohnungen direkt gegenüber des Bürgerparks gehören zum Bestand des städtischen Wohnungsunternehmens. Für die Arbeiten seien 60 000 Euro Fördergeld beantragt worden.

 

Warum Abriss und nicht Sanierung? Eine Sanierung sei unwirtschaftlich, sagt Christian Zeigermann. Der Wohnblock mit den 21 Wohnungen sei um 1940 erbaut worden. Die Materialien, die im Zweiten Weltkrieg für den Bau genutzt wurden, seien „einfach schlecht“. Dazu kommt, dass der Zahn der Zeit an dem Wohnhaus genagt hat. Der Putz bröckelt, Fenster und Türen sind alt und verschlissen.

 

Mit dem Abriss des Wohnblockes werden 5000 Quadratmeter Fläche frei – für das Wohnungsunternehmen, das immer auf der Suche nach Bauland ist, ist das ein Glücksfall. Geplant sei daher, auf dem freiwerdenden Gelände Mehrfamilienhäuser mit modernen Wohnungen zu bauen. Drei Millionen Euro will die GWW investieren.

 

Inspiration von außen

„Wir wollen dort nicht einfach nur einen Klotz hinsetzen“, so der GWW-Chef über die Pläne des Unternehmens. Das Grundstück befinde sich an einer besonderen Schnittstelle zwischen dem Wohngebiet Harzblick und dem Bürgerpark. Da müsse man städtebaulich und zielgruppenorientiert denken.

 

Deshalb will sich die GWW an dem europaweiten Architekturwettbewerb der Plattform „europan.de“ beteiligen. Die Initiative, die 1989 ins Leben gerufen wurde, verfügt über ein Netzwerk aus Fachleuten, Architekten, Stadtplanern und rund 250 europäischen Städten, die gemeinsam die Themen erarbeiten und analysieren und aus deren Reihen auch die Jurys besetzt werden. Der Wettbewerb richte sich an junge Architekten unter 40 Jahren. Teilnehmer könnten jeden in Europa angebotenen Standort zur Bearbeitung wählen, heißt es auf der Website der Architekturplattform. Teilnehmer unterschiedlicher Nationalität können sich zu Arbeitsgemeinschaften zusammenschließen. In jedem Land kürt eine Jury Preisträger für die jeweiligen nationalen Standorte.

 

„Durch diesen Prozess entstehen sicherlich die unterschiedlichsten Ideen“, so die Hoffnung von Zeigermann. „Unser Ziel ist es, 2023 zu bauen.“

 

Objekte sind unrentabel

Der Veckenstedter Weg 76 bis 80 ist nicht der einzige Wohnblock in dem Quartier, der bald der Vergangenheit angehört.

 

Nur wenige hundert Meter weiter an der Ecke Veckenstedter Weg/Gießerweg steht ein weiteres Relikt aus den 1940er Jahren. Das Gebäude neben dem Waldorf-Kindergarten befindet sich in einem ähnlich maroden Zustand. Nur noch zwei von 17 Wohnungen sind belegt. „Für uns ist das Objekt unrentabel“, sagt Christian Zeigermann. Schließlich müsse trotz der vielen leerstehenden Wohnungen das ganze Gebäude unterhalten werden. Eine Sanierung sei wie auch im Veckenstedter Weg schwierig. „Da hilft nur noch Abriss und Neubau.“

 

Aber das ist noch Zukunftsmusik. Im Investitionsplan der Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft für die nächsten fünf Jahre ist das 3778 Quadratmeter Grundstück nicht zu finden. Dennoch: Die GWW müsse früher oder später tätig werden. Auch hierfür würde sich möglicherweise der Wettbewerb von „europan.de“ anbieten, so Zeigermann.

 

Quelle: Harzer Volkstimme vom 16.11.2020
Bild: Yvonne Sielaff